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Hensoldt - Wetzlar - Taufkirchen

Moritz Carl Hensoldt gehört zu den Pionieren der Optikindustrie in Wetzlar. Zusammen mit Carl Kellner gründete er das Unternehmen, dass unter Leitz später Weltruhm erlangte. Er machte sich danach selbständig, produzierte Mikroskope und Fernrohre mit exakter Entfernungsmessund. Das Unternehmen wurde später von Zeiss übernommen, dann wechselte es mehrfach den Eigentümer. Heute ist Hensoldt ein multinationaler Rüstungskonzern mit Sitz in Taufkirchen und produziert optisch-elektronische Instrumente für Militär- und Weltraumtechnik.

​Zu den Pionieren der Optikindustrie der mittelhessischen Stadt Wetzlar gehört zweifelsohne Moritz Hensoldt (1821-1903).

Moritz Hensoldt stammte aus Lindenau in Thüringen. Er erhielt eine feinmechanische Ausbildung und arbeitete danach bei der Firma Breithaupt in Kassel, die bis heute feinmechanisch-optische Präzisionsmessinstrumente herstellen und in der Branche das weltweit älteste Unternehmen ist. Dort fertigte er vor allem feintechnisch-optische Geräte, z.B. für die Landvermessung oder das Militär. Danach wechselte er zu dem bedeutenden Optikhersteller A.&G. Repsold nach Hamburg.

Bei Repsold lernte er 1864 Carl Kellner aus Braunfels kennen. Sie freundeten sich an, beide vom Wesen her ganz unterschiedlich. Hensoldt war zierlich, oft kränklich, introvertiert und gebildet. Er war in praktischen Dingen (Feinmechanik u. Optik) sehr erfahren und begabt und machte viele Vorschläge zur Verbesserung der Instrumente. Der stattliche Kellner, ein junger Physiker, hatte immer neue Ideen und strebte schon früh nach einer Unternehmensgründung. Nachdem viele bevorzugte Standorte ausgeschieden waren, gründeten sie 1848 in Sonneberg/Thüringen ein optisches Unternehmen, das nicht erfolgreich war. Auf Drängend Kellners einigte man sich nach schwieriger Standortsuche 1849 darauf, in der mittelhessische Kleinstadt Wetzlar ein gemeinsames Unternehmen als Optische Institut zu gründen. Der Vertrag sah vor, dass im Innenverhältnis beide gleichberechtigte Partner waren, Kellner aber die Firma im Außenverhältnis hin vertrat. Im Hause von Carl Kellners Schwester lernte er seine spätere Ehefrau Christine Ohlenburger kennen, die er 1854 in Sonneberg heiratete.

Hensoldt befürchtete ein weiteres Scheitern des Unternehmens, dass schon kurze Zeit später eintrat. Er trennte sich von Kellner und gründete 1852 in Sonneberg ein eigenes Unternehmen, in dem er vor allem geodätischer Instrumente, die vom Militär und Eisenbahngesellschaften geordert wurden und Mikroskope. Von Kellner erhielt er die Optik und baute die Mikroskope in Sonnenberg.

Die Geschäfte florierten, so dass Hensoldt aus Platzgründen das Werk kurze Zeit später in das benachbarte Oberlind und als der Platz dann auch nicht mehr reichte, 1857 nach Neustadt bei Coburg verlegte. Als Auswärtiger musste er unangemessen hohe Steuern, Abgaben und ein Bürgergeld zahlen, was ihm den Aufenthalt in Neustadt verleidete.

Louis Engelbert, ein Vetter seiner Frau, betrieb in Oberndorf bei Braunfels, eine optisch-mechanische Werkstatt, so dass Hensoldt entschloss, mit ihm zusammen ein Unternehmen zu gründen. Fürst von Solms-Braunfels förderte das Projekt und vermietete ihnen ein Gebäude in Braunfels als Firmensitz. Dort firmierten sie unter „Engelbert & Hensoldt“. Es wurden vor allem die herkömmlichen Mikroskope mit Optiken von Kellner hergestellt.

Nach Fertigstellung der Eisenbahn von Deuz nach Frankfurt und der Lahntalbahn entschieden sich beide, 1865 nach Wetzlar umzusiedeln, da beide Bahnen dort hielten. In ihrer neuen Werkstatt fertigten sie weiterhin die bewährten Mikroskope mit der Aufschrift „Engelbert & Hensoldt“. Ein beträchtlicher Teil u.a. in die USA und nach England exportiert.

1867 wurde der erste Geselle ausgebildet und 1869 begann Moritz Ohlenburger, wohl ein Verwandter seiner Frau, die Lehre und wurde später Teilhaber des Unternehmens.  

Im Jahre 1877 begann Hensoldt mit dem Bau von Fernrohren als astronomische, geodätische und physikalische Instrumente, da mit Mikroskopen alleine zu wenig Geld verdient wurde. Sein neu konstruiertes Ablese-Teleskop erfreute sich vor allem in der Landvermessung großer Beliebtheit. Kurz darauf brachte er für militärische Zwecke eine Scala zur Entfernung darauf an.

 

Hensoldts ältester Sohn Heinrich (Henry) absolvierte seine Ausbildung in der englischen Armee mit der besten Note und wurde dem Herzog von Cambridge vorgestellt, dem er das neue Fernrohr seines Vaters genau erklärte. Nach einigen Vergleichsmessungen, die die Entfernungsscala genau angab, war der Herzog so beeindruckt, dass der für die englische Armee einen Großauftrag erteilte und Heinrich (Henry) erhielt das englische Patent dieses Fernrohres. Damit begründete Hensoldt schon 1879/80 eine lange Tradition von Militärlieferungen, die noch heute andauert.

  Nach dem Tode von Louis Engelbert 1877 führte Hensoldt das Unternehmen alleine weiter.

1886 wurde die erste Dampfmaschine aufgestellt. Sie trieb alles Maschinen über Transmissionen an. Für das optische Gewerbe war entscheidend, dass Otto Schott zum ersten Mal sei Fauenhofer verlässliche Brechzahlen für Rohglas veröffentlichte. Nun konnte man Linsen berechnen und musste sie nicht durch Probieren ermitteln.

1992 hatte Hensold 14 Mitarbeiter und die Geschäfte liefen gut. In Deutschland arbeitete Hensoldt zusammen mit der Firma A.& R. Hahn in Kassel, denen Hensoldt die Optik lieferte, an dem Distanzmesser weiter. Sie wurden in Gegenwart des Kaisers geprüft. Anschließend erhielt die Firma A. & R. Hahn das Deutsche Reichspatent und der Distanzmesser wurde vom Militär bestellt.

Am 1. Mai 1896 traten die Söhne Waldemar und Carl als gleichberechtigte Partner in die neu gegründete OHG ein, die unter „M. Hensoldt & Söhne, Optische Werkstätten in Wetzlar“. Der erste Verkaufskatalog erschien gleichzeitig.

1897 brachte Hensoldt ein kleines faltbaren Binocular, vergleichbar mit einem heutigen Feldstecher, heraus, das vor allem im Ausland viele Abnehmer fand. Später gelang es ihm, dieses Gerät mit einem sog. Dachkantenprisma auszurüsten, wodurch eine vierfache Helligkeit erreicht wurde. Es hatte eine Objektivgröße von 50 mm bei 10facher Verstärkung und konnte wegen der hohen Lichtstärke sogar für astronomische Beobachtungen genutzt werden. Es gelang ihm jedoch nicht, wegen Unkenntnissen im deutschen Patentrecht hierfür ein deutsches Patent zu erlangen. Im Ausland machte es jedoch keine Probleme.

 

1897 führte Hensoldt eine Arbeiterordnung ein und trat der Ortskrankenkasse für Optiker und Mechaniker bei.

 

Sein Pentaprisma-Binocular wurde ein Verkaufsschlager. Daneben nahm Hensoldt auch wieder die Entwicklung von astronomischen Fernrohren auf und erledigte weitere optische Aufgaben, so etwa für die Sternwarte in Wien.

Karl Hensoldt meldete aus London, dass ein Großauftrag für etwa 12.000 Binokulare zu erwarten ist mit der Auflage, 1500 Stück der geplanten Verbesserung zu liefern. Das sprenge alle Dimensionen und es wurde beschlossen, ein großzügiges vierstöckiges Fabrikgebäude anzubauen. Zwischen Vater und den Söhnen kam es daraufhin zu einem ernsten Zerwürfnis. Der zögerliche Vater Moritz verließ daraufhin die OHG. Das Gebäude wurde im Winter 1899 fertig. Es enthielt noch Dampfmaschinen, denn Buderus lieferte erst ca. 10 Jahre später elektrischen Strom an Wetzlar. Dann platzte aber das Geschäft mit England. Hensoldt musste von den 100 Mitarbeitern 35 entlassen. Es gelang es aber schnell, Teilhaber zu finden, denn das Unternehmen hatte eine ausgezeichnete Reputation.

Hensoldt nahm 1900 in Paris an der Weltausstellung teil und erhielt für das Stereo-Binocle und das Pentaprisma-Binocle eine silberne Medaille, die fortan den Briefkopf zierte. Das Geschäft erholte sich relativ schnell, wozu die neu entwickelten Modelle erheblich beitrugen. 1903 starb Moritz Hensoldt. 1922 wurde die Firma in die M. Hensoldt & Söhne Optische Werke AG umgewandelt. 1928 erwarb das Unternehmen Carl Zeiss, dem weltweit führenden Unternehmen für zivile und militärische Optik, die Hensoldt AG. Carl Zeiss, ursprünglich in Jena gegründet, zog mit mehreren Mitarbeitern nach dem 2. Weltkrieg nach Oberkochen in Baden-Württemberg. Hier und in Wetzlar wurden Ferngläser und Zielfernrohre entwickelt und gefertigt, seit 1964 wurde die Fertigung in Wetzlar zusammengefasst.

2006 wurde die Hensoldt AG in Carl Zeiss Sport Optics GmbH umgewandelt. Hensoldts Entwicklungen von Okularen mit genauer Entfernungsmessung wurden zu Zielfernrohren mit Entfernungsmessung für Jagd-, Sport- und Militäranwendungen weiterentwickelt. Neue Ferngläser mit z.T. Laserentfernungsmessung oder Nachtsichteigenschaften und andere Hightech Optiken wurden auf den Markt gebracht. Der militärische Bereich wurde in der Carl Zeiss Optronics zusammengefasst. Dieser Bereich wurde 2012  mehrheitlich von der EADS GmbH übernommen und firmierte unter Cassidian Optronics innerhalb der Airbus Group. Aus der Elektroniksparte des Rüstungsgeschäftes von Airbus ging die Hensoldt AG als multinationaler Rüstungskonzern mit Sitz in Taufkirchen hervor. Dort sind ca. 500 Mitarbeiter beschäftigt. An anderen Standorten in Deutschland sind zusammen 3500 und in Werken Südafrikas ca. 600 Mitarbeiter beschäftigt.

2017 wurde das Unternehmen von Airbus an den amerikanischen Finanzinvestor KKR verkauft, der 2020 das Unternehmen an die Börse brachte.

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