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Geschichte von Industriebetrieben in Mittelhessen-
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Sophienhütte Wetzlar









Die Sophienhütte war das größte Eisenhüttenwerk der Familie Buderus in Wetzlar, dem damaligen Firmensitz des Unternehmens und heute der wirtschaftlichen Schwerpunkt des Lahn-Dill-Kreises im Nordwesten Hessens. Das Werk wurde 1872 errichtet und erzeugte im Gründungsjahr mit einem Hochofen 40 t Roheisen täglich. Bis zum Ersten Weltkrieg wurde das Werk zum modernsten und leistungsfähigsten Hochofenwerk mit 3 Hochöfen ausgebaut. Buderus er-zielte damit 1917 einen Umsatz von über 60 Millionen Mark. Konsequent wurde die anfallende Hochofenschlacke, verbunden mit den eigenen Kalkgruben, zu Zement verarbeitet und mit der riesigen Mange von Gichtgas wurde mit Hilfe von Gasturbinen elektrischer Strom erzeugt, der das eigene Werk, die Eisengruben mit ihren technische Anlagen, aber auch die Stadt Wetzlar und die Umlandgemeinden mit dieser neuen Energie versorgte. Im Jahre 1920 wurde die Roheisenherstellung aus Wirtschaftlichkeits-gründen eingestellt und das Roheisen am Markt eingekauft. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde auf der Sophienhütte wieder ein Hochofen angeblasen und mit Erzen aus eigenen Gruben wieder Roheisen produziert. Daneben wurde die modernste Druckröhrenfertigung in Betrieb genommen und die Kugelgraphitfertigung entwickelt. 1981 waren ca. 1.900 Mitarbeiter beschäftigt. Nach und nach hatte die Flick-Gruppe die Aktienmehrheit erworben. Nach dem 250-jährigen Jubiläum wurde im März 1981 der Hochofen ausgeblasen und der Standort Wetzlar weitgehend aufgegeben. Die Röhrengießerei und der Kanalguss, der im Werk Staffel bei Limburg produziert wurde, so wie das Zementwerk arbeiteten für eine gewisse Zeit weiter. Im Jahre 2014 wurden die Anlagen des Zementwerkes abgerissen. Das Gelände der Hütte war an eine schwedische Möbelkette verkauft worden, die hier ein Möbelkaufhaus errichtet hat. Nach dem Zerfall des Buderus-Konzerns in seiner Nachkriegsstruktur bildeten sich auf der Sophienhütte in Wetzlar verschiedene Unternehmen:
1. Buderus-Edelstahl: Nachdem die Robert Bosch GmbH im Jahre 2003 die Edelstahlwerke Buderus AG aus dem Flick Konzern erworben hatte, verkaufte Bosch das Unternehmen im Jahre 2005 an die österreichische Böhler-Uddeholm AG. Zwei Jahre später übernahm die österreichische voestalpine AG die Buderus Edelstahl GmbH. Das Unternehmen besitzt weltweit 21 Standorte auf allen Kontinenten. Buderus-Edelstahl produziert Spezialstähle wie Werkzeugstahl und Edelbaustahl. In der Freiformschmiede werden Schmiedestücke bis ca. 200 t pro Stück in engsten Toleranzen hergestellt. Daneben werden Halbzeuge und im Kalt- oder Warmbadverfahren Qualitätsstähle für unterschiedlichsten Anwendungen produziert. In der Gesenkschmiede werden z.B. seit 2017 Radsätze für Lkw’s hergestellt.
2. Duktus (Wetzlar) GmbH & Co. KG: Das Duktus Unternehmen trat 2005 und mit der neuen Namensgebung 2010 die Nachfolge von Buderus in der Röhrenproduktion an. Duktus produziert und vermarktet weiterhin Röhren und andere Systeme aus duktilem Guss (verformbar) für den Wassertransport. Hauptstandort ist die Sophienhütte mit ca. 300 Mitarbeitern. Seit 2016 gehört Duktus zum Schweizer Unternehmen vonRoll infratec AG. Damit vereinigte sich der 2. und 3.-größte Hersteller von hochwertigen Systemen für Infrastrukturen in der Wasser- und Bauwirtschaft sowie in der Industrie in Europa.
3. Buderus Spezialguss GmbH: Die Gießerei von Buderus auf der Sophienhütte wurde in die Duktus GmbH & Co. KG und in die Spezialguss Wetzlar GmbH aufgeteilt. Die Spezialguss fertigte Großgießereiprodukte, wie z.B. Turbinengehäuse und lieferte in der Anfangszeit auch Rohstahl an Duktus.
Die Spezialguss Wetzlar GmbH war seit 2008 ein Unternehmen der DIHAG HOLDING GmbH, unter derem Dach große Spezialgießereien vereinigt sind. Die Holding konnte durch ihre Mitgliedsunternehmen nahezu alle Spezialkundenwünsche im Bereich Schiffbau, Kraftwerke, Hafenanlagen, Elektro– und Maschinenbau erfüllen.
Auf Grund der übermächtigen Konkurrenz im Spezialgussbereich schrieb die Spezialguss Wetzlar seit ca. 2012 rote Zahlen. Das Unternehmen wurde zum 30. 04. 2018 eingestellt.