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Krämer + Grebe - Modell- und Werkzeugbau, Wallau/L.

 

KRÄMER + GREBE – Modell- und Werkzeugbau - Wallau

Im oberen Lahntal hat sich im "Schatten" bedeutender Eisenhütten zu Beginn des 20. Jahrhunderts quasi ein "Hotspot" von Spezialunternehmen gegründet, die sich mit Phantasie und Weitblick Rang und Namen erworben haben und die heute aus dem internationalem Wirtschaftsgeschehen nicht mehr wegzudenken sind.

Einer dieser Unternehmen im Bereich Biedenkopf, Breidenbach und Wallau ist das Modell- und Werkzeug-unternehmen Krämer + Grebe in Wallau, das 2022 Hundert Jahre besteht.

 

Das Unternehmen Krämer + Gebe ist ein typisches Beispiel für die Weiterentwicklung der Eisenindustrie, die nach der Aufgabe des Eisenhüttenbetriebes an Lahn und Dill um die Jahrhundertwende zu den 2000er Jahren entstand.

Fritz Krämer (1881-1954) absolvierte eine kaufmännische Lehre im Unternehmen von Johann Heinrich Jung, dem mehrere Eisenhütten und Hämmer im oberen Lahngebiet gehörten, die er 1883 zum „Hessen-Nassauischen Hüttenverein“ zusammengeschlossen hatte. 1914 war er Betriebsleiter der Amalienhütte in Niederlaasphe.

Sein späterer Partner Ludwig Grebe (1904-1977) hatte nach Abschluss seiner Schlosserlehre in Duisburg Maschinenbau studiert.

Die Firmengründung hat eine längere Vorgeschichte: Zunächst gründeten 1922 Georg Müller, Theodor Meissner und Fritz Krämer in Wolzhausen im Perftal bei Breidenbach die“ Modell- und Maschinenfabrik Wolzhausen“. Fritz Krämer erbrachte das Kapital, das er aus Patenteinnahmen erworben hatte. Er brachte seine unternehmerischen Erfahrungen in den Betrieb ein, blieb aber die ersten fünf Jahre stiller Teilhaber, da er noch bei Jung angestellt war.

Das Unternehmen stellte Modelle und Gießereimaschinen her, wofür es in der Erholungsphase nach dem Ersten Weltkrieg ein großer Bedarf entstand. Dieses gelang umso besser, als dass enge Beziehungen zu anderen Mittarbeitern von Jung bestanden, die sich z.T. auch selbständig gemacht hatten. Zudem gab es eine große Zahl von Ofenherstellern, die für die seinerzeit riesige Auswahl an Modellen entsprechende Gießmodelle benötigt wurden.

1926 siedelte das Unternehmen in ein von der Familie Krämer vermitteltes Grundstück nach Wallau an der Lahn um. Man firmierte nun unter „Maschinen- und Modellfabrik Wallau/Lahn“.

Hergestellt wurden zunächst Modelleinrichtungen und Gießereimaschinen. Ein Großauftrag aus Russland zur Fertigung einer Modelleinrichtung für Traktormotoren führte ab Ende der 20er Jahren zur Konzentration auf die Aufgabe als Zulieferer für den Fahrzeugbau. Trotz der damaligen Wirtschaftsflaute expandierte das Unternehmen und stellte zusätzliche Arbeitskräfte ein. Die Belegschaft betrug bald 100 Mitarbeiter.

Im April 1935 (bei Übernahme des Hessen-Nassauischen Hüttenvereins durch Buderus) beendete Fritz Krämer seine Anstellung bei Jung und trat als offizieller Mitarbeiter in das Unternehmen ein, das jetzt unter „Meissner & Krämer Modell- und Maschinenfabrik“ firmierte.

Ludwig Grebe trat 1936 als Konstrukteur und Maschinenbauingenieur in das Unternehmen ein. Er entwickelte weiterhin Gießereimaschinen, widmete sich aber zunehmend der Konstruktion moderner Fleischereimaschinen. Ausschlaggebend war dafür die Übernahme der Lettermannwerke in Biedenkopf durch Buderus. Lettermann war Hersteller von Fleischereimaschinen und die Nachfrage stieg aus den schnell wachsenden Großstädten, in denen Hausschlachterei immer weniger vorgenommen wurden.

Mit dem Beginn der Kriegsvorbereitungen wurde der Bedarf an Modellen für Flugzeugtriebwerke immer größer, mit denen das Unternehmen schon vorher Erfahrungen gesammelt hatte. Die Luftwaffe hatte höchste Priorität und wurde staatlich gefördert. Meissner & Krämer erwarben ein zusätzlich verkehrsgünstiges Gelände und errichteten darauf eine große Produktionshalle.

Die Teilhaber des Unternehmens trennten sich jedoch 1942 und Fritz Krämer gründete mit seinem Schwiegersohn Ludwig Grebe am 1. April 1942 ein eigenes Unternehmen, in dem Theodor Meissner weiterhin als Mitinhaber und Geschäftsführer fungierte. Man firmierte unter „Meissner & Co. Modell- und Maschinenfabrik“, wobei der Betriebssitz in Wallau am Bahnhof blieb. Am neuen Standort wurde die Firma „Krämer + Grebe Maschinen- und Modellfabrik“ gegründet. Diese Trennung war notwendig geworden, um die vom Reichsluftfahrtministerium erteilten Aufträge zu erfüllen. Das Personal wurde grob auf die beiden Betriebe aufgeteilt, zu Krämer + Grebe kamen 135 Mitarbeiter.

Der Betrieb wurde unter den damals üblichen kriegswirtschaftlichen Bedingungen ausgeweitet, ein moderner Maschinenpark, eine Lehrwerkstatt, die Aluminiumschmelzerei, eine Modellschreinerei, eine Werkzeugmacherei und Räume für die Oberflächenveredelung wurden eingerichtet.

Hergestellt wurden u.a. Formmaschinen, Kernformmaschinen und Sandschleudermaschinen.  Ein Patent von Fritz Krämer ermöglichte einen größeren Rüstungsauftrag.

Relativ unbeschadet überstand das Unternehmen den Krieg.

Ende Mai 1945 gab die amerikanische Militärregierung wieder die Aufnahme der Produktion. Der Bedarf an Industrieprodukten war in dem zerstörten Land riesengroß, aber es fehlte an Rohstoffen und Fachkräften und die notwendige Infrastruktur war weitgehend zerstört.

Man begann zunächst wieder mit der Produktion von Fleischereimaschinen, von denen etliche durch eine glückliche Fügung nach Belgien verkauft werden konnten. Ansonsten wurde viel improvisiert, alte Rohstoffe eingeschmolzen und neue hergestellt, oft nur zum Tauschhandel.

Die Produktion von Gießereimaschinen lief in den Folgejahren langsam besser. Auch stieg der Absatz der kasten-losen Formmaschinen, die Fritz Krämer entwickelt hatte, Trockenböden und Formplatten.

Mit der Währungsreform 1948 änderte sich schlagartig alles. Aufträge für Gießereimaschinen waren rückläufig, dafür stieg die Nachfrage über Modelleinrichtungen, Fleischkutter und Wölfe.

Fritz Krämer ließ einen Kupolofen aufstellen und begann wieder mit der Eisengießerei. Aber nach der Fleischfach-messe 1949 wurde ein Hauptgewicht auf Fleischverarbeitungsmaschinen gelegt, die, nach einer kurzen Flaute im Jahr 1953, reißenden Absatz fanden.

Der Modellbau bekam erst nach Aufnahme der Fahrzeugproduktion neuen Schwung. Modelleinrichtungen für Automotoren konnten zunächst an die Ford-Werke in Köln, später an Opel und Daimler-Benz geliefert werden. Der Betrieb musste bald um eine neue Halle erweitert werden, in der der Kupolofen untergebracht wurde und die einen Gleisanschluss bekam. 1954 wurden die ersten Kokillen für die V8- Leichtmetallmotoren von BMW ausgeliefert. Im gleichen Maße wurden alte und neue Kontakte zu Gießereien gegründet.

Die Entwicklung der Fleischereimaschinen verlief mit der anschwellenden „Fresswelle“ nahezu explosionsartig. Für Großgeräte gab es oft bis zu einem Jahr Lieferzeit. Auch kleinere Fleischereibetriebe suchten nun nach geeigneten Maschinen, die –trotz hoher Konkurrenz – mit eigenen (teilweise patentierten) Maschinen bedient werden konnten. 

1957 begann man zusätzlich mit der Fertigung von Vakuum-Verpackungsmaschinen. Sie waren in den USA längst verbreitet im Einsatz und wurden nun auch in Deutschland benötigt.

Die größte je von K+G produzierte Fleischmaschine stellte in der Stunde 24.000 Frankfurter Würstchen her, ohne dass dazu eine Darmhaut erforderlich war.

Die Belegschaft war 1969 auf 480 Mitarbeiter gestiegen.

Die Modellfabrik weitete sich rasant aus, nachdem auch Kontakte zur französischen und schwedischen Automobil-industrie geknüpft worden waren. Der Motorenguss erfolgte teilweise durch die Eisengießerei Winter in Stadtallendorf, einem weiteren wichtigen Unternehmen Mittelhessens. Bald waren Kontakte in den Iran, die USA, nach Australien, Südafrika, Korea und China geknüpft.

 

Um den Nordamerikanischen Markt besser bedienen zu können, Gründete Krämer + Grebe 1975 eine Zweignieder-lassung in Waterloo/Kanada.

 

Als der Firmengründer 1977 starb, übernahmen seine Söhne Dietrich und Reiner Grebe, die bereits seit 1972 im Unternehmen eingebunden waren, den Betrieb. Ludwig Grebe hinterließ aber auch das Kapital von über 60 Patenten im Maschinenbau.

1981 mußten erneut Büro- und Fertigungsgebäude erweitert werden. Der Neubau entstand in der Ludwig-Grebe-Straße und in diesem Zusammenhang wird der Modell- und Werkzeugbau ausgegliedert. Neben der Geschäftsführung für den Maschinebau, war Dietrich Grebe auch für den nun eigenständigen Modellbau zuständig.

 

Ein weiterer Schritt war 1988 die Übernahme des italienischen Unternehmens Contel aus Palazzolo.

 

Es folgten nun wesentliche Unternehmensveränderungen: Dietrich Grebe wechselte vom Maschinenbau und leitete ab 1980 den Modellbau.

 

1989 beschlossen die Gesellschafter, den gesamten Fleischerei- und Verpackungsbereich einschließlich der Niederlassungen in Kanada und Italien an den schwedischen Alfa-Laval Konzern zu verkaufen.

Das Kartellamt verlangte jedoch, den Bereich Fleischerei-Handwerksmaschinen in mittelständische Hände zu überführen. So gründeten Manfred und Reinhard Wetter 1989 die Firma „Kutter- und Gerätebau Wetter GmbH“, die dieses Programm weiterführten.

Nach dem Verkauf des Maschinebaus von Krämer + Grebe  konnte sich das Unternehmen auf seine Kernkompetenz, dem Modellbau, konzentriere. Die Automobilindustrie verlangte immer kompliziertere Formen und gleichzeitig Kosten- und Gewichtsersparnis. Dieses erforderte von „unten“ her neue Modelle.

Mit 170 Mitarbeitern ging es in eine neue Zukunft.

Die Zusammenarbeit mit Automobilunternehmen und Gießereien entwickelte sich umso intensiver, je komplexer die Anforderungen wurden. Die Auftragsbücher von K+G ergeben quer durch die Jahrzehnte einen Spiegel zur Geschichte der Antriebsentwicklung, des Fahrwerk- und des Chassis- Baus. Auftraggeber sind u.a. AMD, AUDI, BMW, FERRARI, FORD, MERCEDES-BENZ, OPEL, PORSCHE, TOYOTA, SKODA, VW, ZF.

Zur Jahrtausendwende kommen wesentliche Veränderungen.  In der Geschäftsführung folgt Katrin Grebe ihrem Vater Dietrich Grebe. Der technologische Fortschritt durch die Computertechnik, der Entwicklung der 3D-Technnik und des CAD-Verfahrens ändern die betrieblichen Abläufe. Teamarbeit war nun allgemein üblich, vertikale Befehlsstrukturen waren Vergangenheit. Industrie 2.0, Vernetzung und Werkzeugbau 4.0 wurden bei K+G umgesetzt

Mit Beginn der Computertechnik, der Entwicklung der 3D-Technnik und des CAD-Verfahrens änderten sich die betrieblichen Abläufe. Teamarbeit war nun allgemein üblich, vertikale Befehlsstrukturen waren Vergangenheit. Industrie 2.0, Vernetzung und Werkzeugbau 4.0 wurden bei K+G umgesetzt.

 

Daneben bringt der Transformationsprozess seit Anfang 2000 für das Unternehmen als Dienstleister für die  Automobilhersteller an vernetzter, selbstfahrender und maßgeschneiderter Mobilität viele Herausforderungen. Insbesondere verändert der Trend zur Elektromobilität gerade bei Krämer + Grebe, deren Schwerpunkt zunächst auf Werkzeuge für Antriebstechnik lag, die Produktionspalette und betriebliche Strategien.

Für zukunftsträchtige Gussteile im Leichtbau für Fahrwerk und Karosserie wird der Druckgussformenbau ergänzt und in einer neuen Halle am Standort im Jahr 2013 weiter ausgebaut. Diese Entwicklungen bestimmen die heutigen Aufgabenfelder.

Im Jahre 2022 begeht das Unternehmen die 100 Jahrfeier. Dank hochqualifizierter Mitarbeiter, einem modernen Maschinenpark und einer breiten Angebotspalette blickt man hoffnungsvoll in die Zukunft.

Wichtige Patente und Gebrauchsmusterschutz und internationaler Vernetzung helfen dabei.

Krämer und Grebe hat nach der durch die Corona-Zeit dezimierte Belegschaft 2022 insgesamt 130 Mitarbeiter.

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