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Schelderhütte - Niederscheld

Der Kaufmann Ludwig Heinrich Haas stellte im Jahre 1827 bei der nassauischen Landesregierung den Antrag auf Errichtung einer Eisenschmelzhütte Niederscheld bei Dillenburg. Zwei Jahre später wurde der Antrag genehmigt. Da Ludwig Heinrichs Onkel die Burger Hütte gegründet hatte, bestanden in der Familie schon Erfahrungen in der Leitung einer Eisenhütte. Daneben besaß die Familie in der Umgebung mehrere hochwertige Roteisensteingruben, der Grundstoff für einen Hüttenbetrieb.

 

Ludwig Heinrich Haas ließ auf der Schelderhütte zunächst einen Holzkohleofen, ein Gieß- und Gebläsehaus und einen Holzkohleschuppen errichten. Der Hochofen konnte 1831 angeblasen werden. Er erzeugte täglich ca. 5000 kg Roheisen, dass hauptsächlich für Öfen und Ofenplatten, Röhren und Gussprodukte für Haus und Hof verwendet wurde. Später wurden auch Poteriewaren (Töpfe, Kessel, Pfannen u.ä.), Geländer, Gartenbankgestelle und weitere Artikel hergestellt, die bis nach Frankfurt, Nürnberg und andere Gegenden in Deutschland vertrieben wurden. 

 

Bereits 1857 wurde die erste Dampfmaschine zum Betrieb des Hochofengebläses aufgestellt, da das Kraftwerk an der Schelde unter dem zu unregelmäßigen Wasserstand des Baches litt.

An dem Unternehmen beteiligten sich neben Haas als weitere Gesellschafter E. Koch und August Zintgraff. Sie firmierten unter „Schelder Eisenwerke in Dillenburg“. Die Produkte verkauften sich sehr gut, vor allem, nachdem sie auf der großen nassauischen Gewerbeausstellung in Wiesbaden der Messe in Köln ausgestellt worden waren.

 

Einen großen wirtschaftlichen Schub erhielten die Betriebe im Dillgebiet mit der Inbetriebnahme der Deuz-Gießener Eisenbahn im Jahre 1862. Der Anschluss an das industriell aufstrebende Ruhrgebiet ermöglichte den billigeren Transport von Kohle, Erz und den Produkten der Unternehmen. Die Erzeugnisse der Schelderhütte mussten dazu jedoch erst noch per Fuhrwerk zum 4 km entfernten Bahnhof nach Dillenburg gebracht werden.

Da es beiderseits des Scheldetals zahlreiche Eisenerzgruben gab, setzten sich die Grubenbesitzer mit Unterstützung der Handelskammer zu Dillenburg für den Bau einer Eisenbahnstrecke in ihre Region ein. Die dafür zuständige Köln-Mindener-Eisenbahngesellschaft sagte schließlich 1869 den Bau einer Nebenstrecke von Dillenburg über Nieder- und Oberscheld in das Tal des Scheldebachs zu, die auch bereits 1872 in Betrieb ging. Damit erhielt die Schelderhütte den begehrten Gleisanschluss, etwa 300 m vom Werk entfernt. Diese Strecke überbrückte man mit einer Pferde-Schmalspurbahn. Diese Lösung war deutlich kostengünstiger als der Fuhrwerktransport nach Dillenburg, da neben den Holzkohlepreisen die Tarife der Fuhrbetriebe zu den größten Kostenfaktoren der Hütte gehörten.

Die Leitung der Hütte lag zunächst in den Händen von Ludwig Haas und seinem Verwalter Jakob Roth.

 

Im Jahre 1853 übergab Ludwig Haas die Geschäftsführung seinen beiden Neffen Ludwig und Karl Koch. Ludwig Koch war gleichzeitig Inhaber der Minerva Hütte in Haiger, einem Hersteller von Landmaschinen.   

1865 wurde die zunächst als OHG betriebene Gesellschaft der Schelder Hütte in eine Aktiengesellschaft umgewandelt. Neben Ludwig Haas, der die Hälfte der Aktien hielt, waren Karl Koch, August Zintgraff, Johanna Göbel, geb. Haas, die Witwe von Ludwig August Göbel, sowie ihre fünf Kinder und zwei Enkel Aktionäre der Hütte. Das Grundkapital betrug 48.000 Gulden. Zur Schelderhütte gehörten 32 Eisenerzgruben mit einem Wert von 162.287 Talern.

 

Im Jahre 1867, also kurz nach dieser Firmenänderung, starb Ludwig Heinrich Haas unerwartet. Ein Teil der Erben forderte die Auszahlung ihres Erbanteils, so dass die Hütte verkauft werden sollte. Es fand sich jedoch kein Käufer, obwohl das Schelder Eisenwerk, wie es auch genannt wurde, zu den produktivsten Werken im Regierungsbezirk Wiesbaden gehörte und hierin nur von der Nieverner Hütte übertroffen wurde.

Die Erben von Ludwig Haas, die auch Anteile an der Minerva-Hütte in Haiger innehielten, befanden sich offensichtlich in so großen finanziellen Schwierigkeiten, dass sie den Verkauf der Niederschelder Hütte als auch der Minerva-Hütte mit aller Kraft betrieben. Schließlich erwarb Johann Carl Grün 1872 das Schelder Eisenwerk nebst den dazu gehörenden Gruben. Unter Grüns Leitung erlangte das Schelder Eisenwerk bereits 1872 eine führende Position bei der Roheisenproduktion auf Holzkohlenbasis. Damit gelang dem ehemaligen Tuchhändler aus Dillenburg der Aufstieg in die hoch angesehenen Montanindustrieellenfamilien, den wohlhabenden und politisch einflussreichsten sozialen Gruppen in der Lahn-Dill-Region.

 

1873 trat die Niederschelder Hütte dem „Verein zum Verkauf von nassauischen Roheisen“ bei, einem Verkaufssyndikat, das 1851 zum Schutz gegen die ausländische Konkurrenz gegründet wurde.

Die Schelderhütte produzierte das übliche Gussprogramm der heimischen Hütten, wie Öfen und Ofenplatten, dazu Röhren, Dachfenster, Poteriewaren und Montageteile für Luftheizung. Als Zulieferbetrieb für die Minerva-Hütte wurden Teile für Landwirtschaftsmaschinen gegossen.

 

Dem Wirtschaftsboom nach dem gewonnenen Krieg gegen Frankreich folgte bereits an Ende 1873 ein für die Montanindustrie im Lahn-Dill-Revier unerwarteter Einbruch, der zu Kurzarbeit und bisweilen sogar zu Betriebsaufgaben führte. Verschärfte Billigimporte aus Schweden in das Ruhrgebiet führte zum Wegbrechen der wichtigsten Abnehmer nassauischen Roheisens. J.C. Grün konnte durch Rationalisierungsmaßnahmen und rationelleren Herstellungsverfahren die Erzeugerpreise senken, so dass die Arbeitnehmerzahl der Schelder Hütte zwischen 1872 bis 1877 bei ca. 120-130 Mann relativ konstant gehalten werden konnte. Entscheidend war dabei die Verlängerung der durchgehenden Betriebsdauer des Hochofens von drei bis vier Jahren um 1860, bis auf ca. 10 Jahre um 1880. Obwohl es ab 1876 wieder leicht aufwärts ging, ließ die Nachfrage nach Gießereiprodukten so stark nach, dass die Gießerei geschlossen und die Mitarbeiter entlassen werden mussten. Erst Mitte der 1880er Jahren ging es wirtschaftlich wieder langsam bergauf, was u.a. auf intensive Stützung der Reichsregierung mit Schutzzöllen auf Importeisen und Ausnahmetarifen der Eisenbahn für Montanprodukte zurückzuführen war. Viele Unternehmer strukturierten ihre Unternehmen meist in Aktiengesellschaften um, und J.C. Grün erwägte eine Überführung des Schelder Werkes in den Hessen-Nassauischen Hüttenvereins der Familie Jung, wozu es aber nicht kam.    

 

Nach dem Tode von Johan Carl Grün im Jahre 1889 erbte sein Sohn Friedrich Carl Grün das Unternehmen. 1892 teilte er den Inhaberwechsel der Berginspektion Dillenburg mit, wobei er seine Firma mit „J.C. Grün, Schelder Eisenwerk bei Dillenburg, Holzkohlen-Hochofenbetrieb, Eisengießerei, Eisenstein-Bergbau“ bezeichnete. Die zunächst schwierige finanzielle Lage auf Grund des Konjunktureinbruchs verbesserte sich ab den 1890er Jahren. Zudem hatte Grün zwei väterlichen Papiermühlen in Haiger verkauft. Da die Roheisenerzeugung auf Holzkohlebasis wegen des erheblich gestiegenen Preises für Holzkohle und der sehr viel wirtschaftlicheren Erzeugung durch Steinkohle und Koks unrentabel geworden war, ließ Grün den Schelder Hochofen 1895 ausblasen. Von nun an konzentrierte er sich auf die Herstellung von Gusswaren aus der zweiten Schmelzung in Kupolöfen. Zwar hatte die Schelderhütte schon früher mit Kupolöfen gearbeitet, aber erst Friedrich Carl Grün entwickelte diese Technologie zur Betriebsreife. Wie die meisten Hütten des Lahn-Dill-Reviers war die Schelder Hütte von jetztan ein reiner Gießereibetrieb.

 

Das Produktionsprogramm von Öfen änderte Grün nur gering, nahm aber als neuen Produktionszweig die Herstellung von Gussherden auf. Mitten in der wirtschaftlichen Aufstiegsphase zerstörte im Herbst 1895 ein Brand das Modell- und Putzhaus und das Dach des Formereigebäudes. Der Brandschaden betrug fast ¾ des Wertes der Hütte.

Da das Vermögen von Friedrich Carl Grün hauptsächlich in Aktien, Immobilien  und dem Grubenbesitz bestand, fehlten ihm die Mittel zum Wiederaufbau des Werkes.

In dieser Situation verhandelte J.C. Grün mit der Hüttenbesitzerfamilie Jung über eine Beteiligung an der Schelder Hütte. Ihnen gehörte u.a. die nahe gelegenen Burger Eisenwerke. Im März 1896 einigte man sich auf die Gründung der Firma „Schelder Eisenwerk GmbH“. An der Firma war J.C. Grün mit 28% und Richard Jung aus Dillenburg mit 72% Stammkapital beteiligt. Die Geschäftsführung lag in den Händen von Friedrich Carl Grün und seinem Schwager Richard Jung, der die Leitung der Hütte übernahm. De facto war Grün jetzt nur noch Grubenbesitzer und gehörte damit nicht mehr dem hochangesehenen  Stand eines Hüttenbesitzers an.

Richard Jung modernisierte die Schelderhütte grundlegend und stellte sie ganz auf Gießereibetrieb um. Der noch vorhandene Hochofen wurde mit allen seinen Anlagen und Gebäuden abgerissen. 1901 wurde ein dritter Kupolofen und 1902 ein Emaillierwerk aufgebaut. Das Werk florierte dermaßen, dass immer mehr Arbeitskräfte aus der weiteren Umgebung, teilweise aus dem Westerwald, angeworben wurden. Für sie richtete die Schelderhütte im alten Magazin ein Schlafhaus mit 60 Betten ein.

Anfang des 20. Jahrhunderts wurde bei der Familie Jung die Frage erörtert, ob man die Schelderhütte nicht in die Burger Eisenwerke integrieren sollte, da sich bei der Gleichartigkeit der Produkte Überschneidungen in der Belieferung der Kundschaft ergaben. Auch hätte man einen deutlichen Synergieeffekt erzielt. Dazu hätte aber F.C. Grün seine Anteile an die Familie Jung verkaufen müssen. Im März 1905 einigten sich beide nach längeren Verhandlungen auf eine Fusion beider Werke. Amtlich wurde die Schelderhütte als Zweigniederlassung der Burger Eisenwerke GmbH in das Handelsregister eingetragen. Der weite Grubenbesitz brachte Grün nicht in das neue Unternehmen ein. Die Burger Eisenwerke besaßen nun vier Werke: die Burger Hütte unter der Leitung von Eberhard Jung, das Herborner Werk unter Fritz Jung, das Werk Ehringshausen leitete Rudolf Jung und die Schelderhütte blieb bei Richard Jung. Friedrich Carl Grün behielt sein Stammkapital von 28%,  das entsprach 271.220 Mark, verzichtete aber auf eine Position im Unternehmen.

Die Schelderhütte wurde weiter modernisiert und 1909 an das Überlandleitungsnetz des Oberschelder Hochofens angeschlossen und weitgehend elektrifiziert. Im Rahmen dieser Maßnahmen beschloss die Geschäftsführung ab 1909 eine neue Produktpalette. Die Ofen- und Herdproduktion wurde aufgegeben und stattdessen Sanitäranlagen, wie Badewannen, und sanitäre Anlagen für Küche, Bad und Toilette hergestellt. Diese Umstellung war langwierig und voller Probleme, so dass das Werk bis 1914 defizitär blieb. Die Betriebskosten waren gegenüber den anderen Werken zu hoch. So erwirtschaftete man pro Tonne Grauguss ein Defizit von ca. 33 Mark, was sich jährlich auf ca. 60.000 Mark summierte.

Die Themen Hygiene und Gesundheit stießen bei der Bevölkerung und den Kommunen zu Beginn des 20. Jahrhunderts auf großes Interesse und mannigfaltigen Investitionen. Die Gemeinden errichteten Kanalisationsanlagen und Wasserleitungen, und im privaten Bereich fand die Hygiene mit allen seinen Bereichen Einzug in das häusliche Leben. Davon wollte die Schelderhütte profitieren, aber der Ausbruch des ersten Weltkrieges verhinderte das Erreichen der Gewinnzone.

Einen geschäftlichen Erfolg erzielte das Werk mit der folgenden Kriegsproduktion. Bis 1915 wurden pro Tag 700 Graugussgranaten hergestellt. Ab 1915 stellte die Hütte Waschkessel und Schützengrabenöfen her, deren Nachfrage auf einem hohen Niveau blieb. Auf Grund dieser guten Produktionslage erzielte die Schelderhütte bei der Produktion von Grauguss nun einen Gewinn von ca. zehn Mark pro Tonne, was im Jahr bei einer Gesamtproduktion von ca. 2.000 Tonnen über 26.000 Mark ergab.

 

Die Schelderhütte in der Weimarer Republik

 

Als Zweigniederlassung der Burger Eisenwerke nahm die Schelderhütte nach Ende des Krieges die Sanitärproduktion wieder auf und weitete das Programm nach den veränderten Bedürfnissen der Bevölkerung weiter aus. Ein Katalog von 1932 nennt im Einzelnen: Gusseiserne Porzellanemaille Badewannen Marke „Juno“, Ausgussbecken, Spülbecken, Trinkbrunnen, Wachbecken und Wachanlagen in Nass- und Porzellanemaille, Konsolen, Klosetts, Geruchsverschlüsse, Fußbodenentwässerungen, Kanalguss und Untersätze für Kohlebrandöfen.

Die junge Weimarer Republik brachte aber auch Probleme mit sich. Der gesetzlich vorgeschriebene tägliche Acht-Stundentag verursachte auf der Schelderhütte einen Rückgang der Produktion um ein Drittel. Die Arbeitsabläufe in der Gießerei musste daraufhin neu organisiert werden. Statt zweimal konnte nur noch einmal pro Tag gegossen werden. Im Zusammenhang mit dem Kapp-Putsch kam es wiederholt zu Spannungen und Streiks und zu einer latenten Unzufriedenheit unter der Belegschaft.  

Nach dem neu erlassenen  Betriebsrätegesetz hatte der Betriebsrat bei Betrieben über 20 Mitarbeitern ein Mitspracherecht bei firmeninternen Entscheidungen, ein Recht, das den seit Generationen an eigene, oft eigensinnige Entscheidungen  gewohnten Unternehmern schwer zu vermitteln war. Die beiden Familien Jung und Grün berieten, wie sie autonom und ohne Mitsprache von Betriebsräten wirtschaften können. Politische Forderungen nach einer Verstaatlichung der Grundstoffindustrie veranlassten die Familien Grün und Jung zu einer Fusion der Burger Eisenwerke mit der Firma „J.C. Grün Eisenstein-Bergbau“.  Hans und Carl Grün konnten dabei den Besitz ihrer Gruben so sehr betonen, dass sie nach der Fusion die Aktienmehrheit an den Burger Eisenwerken hielten.

Die Mitglieder der Familie Jung, die zunächst alle Zweigwerke leiteten oder den Aufsichtsratsvorsitzenden stelle starben in der Folgezeit aus oder orientierten sich beruflich anders. So übernahmen Hans und Carl Grün wieder die Geschäfte der Burger Eisenwerke. Carl Grün übernahm dabei nach Ableben seines Onkels Richard Jung im Jahre 1921 die Geschäftsführung der Schelderhütte. Zum technischen Leiter der Hütte berief er seinen anverwandten Felix Wolfram. Die Führung der Schelderhütte lag nun wieder in der Verantwortung der Familie Grün, nachdem sie ein Viertel Jahrhundert von den Angehörigen der Familie Jung geleitet worden war.

Der Friedensvertrag, die Reparationszahlungen und das Belegen deutscher Produkte mit Schutzzöllen durch ausländische Staaten erschwerten, neben den arbeitspolitischen Umwälzungen, den Übergang auf eine geregelte Friedensproduktion.  So scheiterte der Versuch der Schelderhütte, seine Sanitärartikel in das kriegszerstörte Nordfrankreich zu liefern, an den französischen Schutzzöllen.                                      

Hans und Carl Grün vereinbarten im Einvernehmen mit dem Hessen-Nassauischen Hüttenverein die Spezialisierung ihrer Werke auf spezielle Produktgruppen. Davon profitierte auch die Schelderhütte. Nach den Problemen von 1919 setzte danach eine deutliche Belebung des Geschäftes ein. Die Nachfrage aus dem In- und Ausland konnte nur unter großen Anstrengungen befriedigt werden. Die Schelderhütte gewann ihre ausländischen Märkte nach um nach zurück und knüpfte neue Beziehungen zu Firmen in Italien, der Schweiz, in Belgien, in den Niederlanden und in Rumänien. Besonders nach Badewannen, Ausgussbecken und Wascheinrichtungen herrschte geradezu eine stürmische Nachfrage.

Die Schelderhütte wurde nun umgehend saniert und modernisiert. Einige Pläne dazu waren schon vor dem Krieg entstanden. Das Ziel der beiden Grüns war es, die monatliche Produktion auf der Schelderhütte von 150 bis auf 300 Tonnen Gusseisen zu steigern und die menschliche Arbeitskraft weitgehend durch Maschinen zu ersetzen. Besonders in der Formerei wurde durch den Einsatz von hydraulischen Formmaschinen die Produktion mechanisiert.

Der Erfolg ließ nicht lange auf sich warten. Wurden im Jahre 1918 mit einer Belegschaft von 104 Mann 872 Tonnen Grauguss erzeugt, wobei ein Erlös von 80 Mark pro kg erzielt wurde, konnten 1922 bereits 2.090 t Grauguss bei einer Belegschaft von über 225 Mann erzeugt werden. Der Erlös betrug 10.574 Mark pro kg.

Die Hyperinflation brachte das Werk in große Schwierigkeiten. Devisen fielen weg und das Stammkapital musste neu angepasst werden.

Mit der Einführung der Rentenmark stabilisierte sich die Wirtschaft und die Grüns investierten wieder. Die Schelderhütte erhielt eine Hängebahn für die Gießerei zum Transport des flüssigen Eisens und das Emaillierwerk zwei weitere Öfen. In der Badewannenformerei wurden Pressluftstampfer und Pressluftformmaschinen eingesetzt. Die Fertigung der einzelnen Werke wurde noch strenger auf ein bestimmtes Produktsegment konzentriert. Die Schelderhütte übernahm dabei die alleinige Herstellung von sanitären Produkten.

Die Weltwirtschaftskrise von 1929 erfasste auch die Schelderhütte mit Teilbetriebseinstellungen und Entlassungen. Während es die Ofenproduktionen anderer Werke hart traf, konnte die Badewannenproduktion auf der Schelderhütte auf einem relativ hohen Niveau gehalten werden.

Mit dem Beginn des Dritten Reiches setzte eine völlig neue Situation ein. Viele Unternehmer und Arbeiter, darunter auch Hans und Carl Grün, traten in die NSDAP ein. Auf die Gründe und Mutmaßungen soll hier nicht näher eingegangen werden. Jedenfalls besserte sich die wirtschaftliche Situation unter diesen Bedingungen zunehmend. Auch Investitionen wurden getätigt. Die Schelderhütte bekam 1937/38 moderne Putzmaschinen und eine neu entwickelte Absauganlage für den Staub. Die Entsorgung des Staubes über den 35 m hohen Schornstein hatte in der Bevölkerung immer wieder zu Klagen und Entschädigungsansprüchen geführt. Die sanitären Einrichtungen für die Belegschaft wurden mit neuen Wasch- und Umkleideräumen verbessert. Die staatliche Initiative „Saubere Menschen im sauberen Betrieb“ führte zur Entwicklung von Waschbrunnen, die einen so großen Absatz fanden, dass die Gießerei ab 1939 ständig erweitert werden musste. Parallel dazu ging der Absatz von Badewannen ab 1934 erst langsam, seit Kriegsanbruch drastisch zurück.

Daneben wurde die Stromversorgung entsprechend den neuen Normen auf 220 V Wechsel- bzw. 380 V Drehstrom umgestellt. Dazu mussten ältere Elektromotoren sukzessive umgestellt werden.

Mit dem Beginn der Rüstungsproduktion litt die laufende Produktion unter der verordneten Materialbeschränkung für zivile Produkte. Die Schelderhütte stieg erst Ende 1939 zum Ausgleich ihres rückläufigen Absatzes von Sanitärprodukten in die Kriegsproduktion ein. Das Werk fertigte Rüstungsaufträge für die Luftfahrt und Flügelendstücke für Bomben. Ab 1941 lief in Niederscheld die Leichtmetallproduktion an, nachdem das Werk dem Werk Ehringshausen in dieser Produktionsform angegliedert wurde. Das Werk Ehringshausen schulte die Mitarbeiter der Schelderhütte auf den Guss von Leichtmetall entsprechend um. Hergestellt  wurden vor allem Teile für die Flugzeugindustrie, besonders der Räder und Motoren. Wirtschaftlich war die Schelderhütte zu einem Unterlieferanten für BMW und den Junkers Werk in Dessau geworden.

Diese immer neuen technischen Herausforderungen wurden trotz der immer geringeren Zahl an versierten Facharbeitern relativ zufriedenstellend in der kurzen Zeit bewerkstelligt. Dafür erhielt die Schelderhütte 1943 eine Anerkennungsurkunde für die erzielten Leistungen durch den Gauobmann der Deutschen Arbeiterfront verliehen.

Weil sich ein großer Teil der Belegschaft im Kriegseinsatz befand, wurden auf der Schelderhütte zunehmend Kriegsgefangene und Zivilarbeiter/innen eingesetzt. Ab 1940 kamen französische, später russische und italienische Zwangsinternierte in das Werk. Die Versorgung der ausländischen Arbeitskräfte war unterschiedlich geregelt. Die schlechteste Versorgung erhielten die Ostarbeiter. Die Schelderhütte war an eine gleichmäßige Versorgung  interessiert und errichtete zur Versorgung der ukrainischen, russischen, französischen und italienischen Arbeiter und Arbeiterinnen eine moderne Werkskantine ein, in der 18 Frauen die Arbeiten erledigten.

Die amerikanischen Truppen beendeten mit der Besetzung der Burger Eisenwerke im März 1945 den Krieg. Die Produktion auf der Schelderhütte lief noch bis zum 27. März, als Hans Grün und Dr. Eberhard Jung persönlich die Einstellung der Produktion anordneten. Am 28. März erreichten die amerikanischen Truppen auch die Schelderhütte.

 

Die Schelderhütte nach dem Zweiten Weltkrieg

 

Die Schelderhütte war durch die Kriegseinwirkungen nicht betroffen, so dass bereits am 4. April 1945 mit 20 Arbeitern die Aufräumarbeiten begannen. Da das Werk im Krieg auf den Leichtmetallguss umgerüstet worden war, fehlten nun die Kupolöfen, um die traditionelle Sanitärproduktion wieder aufzunehmen. Da das Werk aber ansonsten intakt war, begann Ende April 1945, zwar ohne offizielle Genehmigung der US-Behörden. Gefertigt wurden Kochtöpfe, Bratpfannen, Bräter, Waffeleisen und einige ähnliche Produkte aus Magnesium, um das noch vorhandene Material zu verwerten. Nach der offiziellen Produktionsfreigabe konnten auch Stahlblechbecken, Kunststein-Waschbrunnen und Spülbecken hergestellt werden. Nachdem die Kupolöfen und das Emaillierwerk wieder einsatzfähig waren, konnten ab März 1974 auch wieder Badewannen und sonstiger Sanitärguss produziert werden. Durch den Zustrom von Heimatvertriebenen musste immer mehr Wohnraum geschaffen werden, was besonders den Absatz von Badewannen beflügelte. Bereits 1848 überschritt er nach der Währungsreform den Vorkriegsstand.

 

 Im August 1951 verstarb Carl Grün und Hans Grün schied aus gesundheitlichen Gründen aus dem Betrieb aus. Damit endete die erfolgreiche Ära der Familie Grün, die die Geschicke der Schelderhütte 30 Jahre lang durch alle Klippen schiffte ein Ende. Die Geschäfte übernahm nun mit Dr. Eberhard Jung wieder ein Mitglied der Familie Jung die Leitung des Werkes. Er war bereits seit 1948 bei den Burger Eisenwerken als Geschäftsführer tätig.

Die Schelderhütte profitierte weiterhin von der guten Nachfrage nach Sanitärprodukten. Aber mit der Deckung des notwendigsten Bedarfs trat in den 1970er Jahren und teilweise schon davor eine gewisse Marktsättigung ein, die das Hauptunternehmen - die Burger Eisenwerke- veranlasste, sich nach neuen Produkten und ggf. auch nach neuen Kooperationspartnern umzusehen. Im Hintergrund hatte schon seit geraumer Zeit der Unternehmer Friedrich Flick (1883-1972)  versuchte, sich  in Deutschland im Montanbereich an möglichst vielen Firmen maßgeblich zu beteiligen. 1955 besaß er bereits 100 Firmen. Hans Grün, der mit Flick befreundet war, verkaufte ihm 1957 seine Buderus Aktien und einige Großbanken folgten ihm hierbei, so dass Flick die Aktienmehrheit von Buderus besaß. Flick erwarb bis 1958 auch 70% des Stammkapitals der Burger Eisenwerke. Die Burger Eisenwerke, und somit auch die Schelderhütte, gelangen damit unter das Dach des Flick-Konzerns. Der Name „Burger Eisenwerke“ blieb noch bis 1976 bestehen und firmierte dann unter „BUDERUS Geschäftsbereich Burger Eisenwerke“.  Bereits 1975 war die Schelderhütte den neuen Unternehmensstrategien zum Opfer gefallen und wurde geschlossen. Die Mitarbeiter fanden zum Teil in anderen Werken einen Arbeitsplatz, andere wurden in den Ruhestand mit Abfindungen versetzt oder über einen Sozialplan entlassen.

 

Heutiger Bestand

 

Die Schelderhütte ist heute ein Gewerbegebiet mit in erster Linie handwerklichen und kleinindustriellen Unternehmen. Auch die Isabellenhütte aus Dillenburg nutzt hier einen Bereich. Die meisten Gebäude wurden inzwischen Abgerissen und durch moderne Industriehallen ersetzt. Geblieben ist das große Gebäude der ehemaligen Putzerei und der Grubeneingang zu einem unmittelbar am Hüttengelände gelegenem Erzstollen.

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