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Tabakfabrik Stephan Niederehe & Sohn, Marburg

In Mittelhessen hatte sich im 19. Jahrhundert eine reichhaltige Tabakindustrie etabliert. Ein Schwerpunkt bildete das Unternehmen des Kaufmanns Ludwig Rinn, der von Dillenburg nach Gießen gezogen war und mit seiner Firma Rinn & Cloos (R & C) Berühmtheit erlangte. 

Aber auch an anderen Orten bildeten sich Tabakindustrien, so in Marburg die Firma von Stephan Niderehe.

Vorwort:

Als diese Webseite ca.ab 2018 entstand, war über die Geschichte der Marburger Tabakfabrik von Stephan Niderehe wenig bekannt. In einem Telefonat berichtete ein Nachfahre, dass nach Kriegsende alle Unterlagen verloren gegangen sind. Um so erfreulicher, dass inzwischen durch mühsame Recherchen die Historie deutlich besser erforscht werden konnte. Diese ist auf der Internetseite des Schwanhofes beschrieben und soll hier in verkürzter Form wiedergegeben werden.

 

1817 gründete Stephan Niderehe die Ortsteil Weidenhausen eine Rauch & Kautabak-Fabrik, in der später sein Sohn Peter Mitinhaber wurde. Man firmierte unter Stephan Niderehe & Sohn. Der kleine Betrieb entwickelte sich rasch.

Stephan Niderehe hatte das Handwerk der Herstellung von Tabakwaren in seinen Heimatort Bernkastel an der Mosel erlernt und kam als Werkmeister nach Marburg in die Eberhardschen Tabakfabrik. Er erlangte die Marburger Bürgerrechte, die Voraussetzung waren, um einen Gewerbebetrieb an dem Ort zu gründen.

Stefan verstarb 1855 in Marburg.

1875 verlagerte Sohn Peter Niderehe in den eigens dafür erworbenen Schwanhof. Er ließ neue Gebäude errichten und erweiterte den Betrieb ständig. Durch einen Erbvertrag übertrug er das Unternehmen an seine Söhne Wilhelm, Louis und Carl. 1879 verstarb Peter Niderehe.

1884 beschlossen die drei Inhaber, in einem Gesellschaftsvertrag Rechte und Pflichten der einzelnen Mitgliedern  der OHG festzulegen.

Wilhelm übernahm die Geschäftsleitung, Carl die Kundenbeteuung und den Ein- und Verkauf und und knüpfte bei seinen Reisen ins Ausland bis nach Amerika Kontakte. Louis war der technische Leiter und zuständig für die

reibungslosen Abläufe des Betriebes.

Für den Transport von Roh- und Fertigwaren von und zum Bahnhof bzw. zur Post gab es einen eigenen Pferdefuhrpark. Handelsreisende zogen mit der Kutsche über Land zu den Kunden, schlossen Kaufverträge ab oder lieferten Waren aus. Per Schiff wurden die Produkte in andere Länder verschifft. ngslosen Abläufe im Betrieb.

1896 verstarb Wilhelm, 1909 Louis Niderehe. Carl leitete mit seiner Frau Lina das Unternehmen nun alleine.
1911 wurde die Firma, die bis dahin eine OHG war, als GmbH geführt. Bereits 1894 hatte die Firma vom Kaiserlichen Patentamt die Eintragung eines geschützten Warenzeichens für ihre Produkte erhalten.Das Unternehmen hatte bis zu 400 Mitarbeitern und entwickelte sich bis zum Ersten Weltkrieg zu einem bedeutender Wirtschaftsfaktor in Marburg.

Trotz der Inflation in den 20er Jahren entwickelte sich das Unternehmen weiter.Die Geschäfte führten nun Linda Niderehe und Anna, die Witwe von Carl Niderehe.

In der Folgezeit traten weitere Familienmitglieder in das Unternehmen ein, andere verließen es, z.T. durch Tod.

Über die wirtschaftliche Entwicklung bis zum 2. Weltkrieg ist nichts überliefert. Man muss jedoch davon ausgehen, dass der Übergang zum Zigarettenkonsum auch dieses Unternehmen traf.

Bei Kriegsende beschlahnahmten 1945 die Amerikaner den gesamten Betrieb, der aber später durch einen Treuhänder als "Marburger Tabakfabrik" seine Produktion wieder bis 1948 aufnehmen konnte. Anfang 1948 wurden auf der ersten Gesellschafterversammlung neue Gesellschafter bestellt. Diese bestanden aus Mitgliedern der Familie sowie aus den Kaufleuten Fritz Schotte und Heinz Noll. Letztere übernahmen die Geschäftsleitung.

Veraltete Betriebseinrichtungen, aber vor allen Veränderungen im Verbraucherverhalten hin zum Zigaretten-konsum erschwerten die Produktion. Großkonzerne beherrschten den Markt. Die Produktion von Kautabak wurde erst garnicht mehr aufgenommen. Schließlich waren auch Absatzgebiete durch die Teilung Deutschlands und den Verlust von Gebieten weggebrochen. Die Gesellschafter entschlossen sich, das Unternehmen zum 31.12. 1956 den Betrieb zu schließen. Eine 140-jährige Tradition der Tabakproduktion in Marburg war Geschichte.

Die Firma "Stephan Niderehe & Sohn gmbH" bestand jedoch weiter. Die Gebäude, ein attraktives Gebäudekaree, wurde von der neuen gleichhnamigen Dienstleistungsgesellschaft z.T. vermietet oder zu Veranstaltungen genutzt. Mehrfach renoviert ist der Schanhof heute ein Schmuckstück der Stadt. Mehr als 30 Firmen mit über Hundert Mitarbeitern sind dort beschäftigt. Zentrale Einrichtung ist ein Geburtshaus. Räumlichkeiten werden für Feierlichkeiten vermietet. Die Gebäude unterliegen dem Denkmalschutz.

 
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