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Gestüte erwartet man eher in den Weiten oberhalb der Mittelgebirgskette, dennoch wurden Pferde früher für alle möglichen Zwecke benötigt. Sei es als Reit- und Kutschpferde, für die Landwirtschaft oder gar für den Erzabbau in den Gruben. Das kleine aber einflussreiche Fürstentum hatte durch seine Verbindung zu den ehemals spanischen Niederlanden neue Pferderassen erworben und die Zucht immer wieder den Erfordernissen angepasst, so dass das Gestüt in Dillenburg trotz aller Veränderungen heute noch nach über 400 Jahren besteht.

​​Die erste Erwähnung des Landesgestüts Dillenburg stammt aus der Zeit Wilhelms (genannt der Reiche) von Oranien aus den 16. Jahrhundert. Hier wird berichtet, dass in Dillenburg ausgezeichnete Reit- und Kutschenpferde gezüchtet werden und dass fremde Stallmeister die Märkte in Nassau besuchten, um Pferde für ihre Fürstenhöfe zu kaufen. Als die Oranier Stadthalter der Niederlande wurden, brachten sie andalusische Pferde mit, die die Spanier dort gelassen hatten und züchteten sie in Dillenburg bis Anfang des 18. Jahrhunderts. Das nassauische Pferd war eine Kreuzung aus holsteinischen und dänischen Stuten mit neapolitanischen, spanischen und orientalischen Hengsten. Das Hofgestüt befand sich bis zum Siebenjährigen Krieg innerhalb der Schlossanlagen. Mit der Zerstörung des Schlosses 1760 durch die Truppen Napoleons wurden auch die Gestütsanlagen vernichtet.

1770 wurde das neue Gestüt in der Wilhelmstraße neu aufgebaut. Es diente jedoch nur zur Aufnahme der Gebrauchspferde, Zucht wurde nicht mehr betrieben. Neben dem Gestüt wurde ein Wohnhaus für den Prinzen errichtet, das heute als Verwaltung dient.  Erst seit dem 18. Jahrhundert findet wieder eine Zucht statt, meist von edlen Luxuspferden.

Im 19. Jahrhundert stiegen die Anforderungen an das Pferd auf allen Gebieten, so dass in ganz Deutschland Landesgestüte errichtet wurden, in Hessen diese in Weilburg, Arolsen, Kassel und Darmstadt. Die acht Zuchthengste (Beschäler) aus Weilburg wurden 1815 nach Dillenburg verlegt. 1869 wurde das Kasseler Gestüt nach Dillenburg verlegt. Ein Teil der Kasseler Hengste blieb noch bis 1871 als Schulpferde für die Studenten in Marburg, ein anderer Teil wurde nach Hadamar verlegt.

Die Übergabe der Gestütsanlage und damit die eigentliche Gründung des „Königlich Preußischen Hessen-Nassauischen Landesgestüts Dillenburg“ erfolgte am 12. Oktober 1869. Die Zucht verlagerte sich zunehmend auf die Kaltblüter, so dass es 1918 nur noch wenige, alte Warmblüter gab.

Danach begann aber wieder eine Warmblutzucht, die mehr zu Reit- und Fahrpferde nutzbar waren. Die kräftigen Kaltblüter waren wegen ihres Ersatzes durch Motorenkraft nicht mehr aktuell.

Zur Erinnerung an die Gründung des Gestüts wurden durch den Landstallmeister Wachs ab 1927 Hengstparaden durchgeführt, die sich bis in die Gegenwart alle zwei Jahre großer Beliebtheit erfreuen. Seit 1929 ist dem Gestüt eine Reit- und Fahrschule angeschlossen. Die Söhne der Landwirte sollten eine Ausbildung auf allen Gebieten des Pferdesports erhalten. Die Auszubildenden kamen jetzt auch aus städtischen Reitvereinen des In- und Auslandes

Zu deren Unterbringung wurde der Nordflügel des Prinzenhauses zu einem Internat umgewandelt.

Nach dem Krieg wurde Dr. Gustav Rau Landstallmeister. Er gründete das Deutsche Olympiakomitee für Reiterei und die Zentralkommission für Pferdeleistungsprüfungen in Dillenburg. Hier erhielt auch Hans-Günter Winklers Stute „Halla“ ihre erste Ausbildung.

1950 Folgte Landstallmeister Dr. Claus Dencker, der zunächst die Warmblutzucht bevorzugte und ab 1958 auf Vollblut umstellte. Unter Landstallmeister Armin Holzrichter begann ab 1962 die Sportpferdezucht.

Seit 2011 ist das Landgestüt Dillenburg ein Standort des Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen. In den letzten Jahren wurde vom Land Hessen die Auflösung des Gestüts erwogen, wurde aber bis Ende 2018 noch nicht durchgeführt.

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